...und selten war ein angehängter deutscher Untertitel mal so passend wie hier. Weil er die Poesie von Guillermo del Toros Werk tatsächlich noch einen Beat besser trifft, als der Originaltitel.
Und del Toro - nach etwas mehr als einem Jahrzehnt beim Versuch den Mainstream mit seiner Sicht bezüglich Fantasie zu "unterwandern" (was immer nur halbherzig bezüglich des Publikumszuspruchs beantwortet wurde) - zuletzt in dem größtenteils mehr "style over substance (aber - bei Gott - was für ein style!) geratenen "Crimson Peek".
Für seinen neuen filmischen Loveletter hat er sich in sein ihm eigenes Terrain zwischen "The devils backbone" und "Pan´s Labyrinth" zurück beordert - mit einem sprachlos machendem Ergebnis...
Elisa Esposito (Sally Hawkins - sollte hierfür die Oscarstatuette auf einem Silbertablett gereicht bekommen!) - als Waise aufgewachsen, stumm aber nicht taub (durch die Fähigkeit der Taubstummensprache aber wundervoll beredsam) - arbeitet in einer Forschungseinrichtung der amerikanischen Regierung zu Beginn der Sechziger Jahre als Putzfrau. Ihre einzigen menschlichen Bezugspunkte sind ihre resolute farbige Kollegin Zelda (Octavia "Hidden Figures"/"The Help" Spencer) und ihr Wohnungsnachbar Giles (Darstellerallzweckwaffe Richard Jenkins), ein Schöngeist, Werbegrafiker auf dem Abstellgleis und - homosexuell.
Inmitten einer Welt, die sich dem Erfolg verschrieben hat, drei menschliche Außenseiter bzw "Auslaufmodelle" - ähnlich wie das alte Kino über dem Elisas und Giles`wundervoll geschnittene (und aus der Zeit gefallene) Wohnungen liegen, das von dem herzlichen Mr. Arzoumanian (John Kapelos - Hausmeister "Carl" aus "Breakfast Club" und sowohl in "Shadow und der Fluch des Khan" und "Das Relikt" im Einsatz gewesen - was hab ich mich über seine Minirolle gefreut!) betrieben wird.
Das - "Orpheum" mit Namen! (Seufz!) - dem Untergang geweiht ist. Da das TV seinen Siegeszug begonnen hat!
Als ein "neues Studienobjekt" in der Forschungseinrichtung angeliefert wird, erscheint sein Fänger als neuer Oberaufseher eben jener Studien: Richard Strickland (Michael Shannon als zutiefst selbstgerechter Vertreter des angesagten "way of life" - mit eben solchen fest zementierten Psychosen wie sein Glaube ihm möglich macht als "Mann der Tat" zu funktionieren - da reiht er sich neben die Antagonisten aus del Toros "Backbone" und "Labyrinth" vortrefflich ein.
Und ebenso Doktor Robert Hoffstetler (Michael "Die Erfindung der Wahrheit"/"Dr .Strange" Stuhlbarg) - der als Leiter der Erforschung des neuen Studienobjekts noch ein Geheimnis hat.
Als Elisa der Kreatur/dem fremdartigen Wesen (del Toro-Regular Doug Jones quasi als "Ur-Vater" von "Abe Sapiens" aus "Hellboy"), die als Kreuzung eines Menschen und eines Amphibienwesens den Wissenschaftlern Aufschlüsse über seine Funktionen liefern soll, die im stattfindenden Wettlauf der Supermächte bei der Eroberung des Weltraums dienlich sein könnten, begegnet, ist dies der Beginn einer leisen aber stetig intensiver werdenden "Amour fou", die sich Elisa niemals hätte träumen lassen.
Der auf maximalen Erfolg geeichte Strickland auch nicht.
Wie alle anderen ebenfalls - allen voran die Kreatur....
Die Art wie del Toro hier die Träume seiner Heldin auf versponnene - manchmal leicht surreal anmutende - Art Wirklichkeit werden lässt, ist schlichtweg hinreißend. Maske, Ausstattung, Musik, Schnitt, Ton, Kamera, Lichtsetzung, SFX - fügen sich zu einem Guss!
Mit einer Leichtigkeit, die mich immer weiter weg aus dem Kinosaal in die Leinwand zog, ist dieses dunkle Märchen mit garstigen Momenten der Realität geimpft die nächtliche Schwester von "Die fabelhafte Welt der Amelie".
Zumal der Film nur selten Tageslicht benötigt, da die Arbeitszeit von Elisa (wegen ihrer stimmlichen Behinderung quasi der Gegenentwurf zu "Eliza Dolittle" aus "My fair Lady" - hier wie dort lernt die weibliche Figur durch ihre Art der Sprache, hier die ihres Herzens und ihrer Träume, sich zu behaupten und einen neuen Weg zu finden) immer um Mitternacht beginnt.
Und die wenigen Momente bei Tageslicht die Figuren immer mit ihren Unzulänglichkeiten konfrontieren, weil sie wenig bis gar nicht mit der breiten Front der Menschheit funktionieren (können).
Bis auf Strickland, der in beiden Zeiten "zuhause" ist. Weil er es muss. Und seine innere Mitternacht nur reine Logik zulässt, die er glaubt dem "American Way of Life" schuldig zu sein. Was ihn - wen wundert das - innerlich wie äußerlich zerreißt.
Das Wasser aus dem Titel ist das Element der Kreatur - aber auch das von Elisa, die man als Baby am Fluss fand, wie irgendwann erwähnt wird.
So ist es kein Wunder, dass ihre Zuneigung zueinander im Wasser ihre Bestimmung finden wird.
Außerhalb des Regens, der Menschen nur "soaking wet" werden lässt - die beiden ungleichen Helden allerdings sanft berührt.
Weil es ihr wahres Element ist.
Ein Märchen. Eine Allegorie. Ein Knicks vor dem Musical - die Kreatur darf hier in einem (für mich) atemraubenden Moment in einem Kino auf die Leinwand starren und gleichermaßen verzückt wie auch gebannt sein.
Ähnlich wie "Leon der Profi" Jean Reno von "Singin´in the rain".
Und mit dieser Parallele schließe ich diese Zeilen: ein Film der einen im Regen tanzen lässt! Ähnlich wie einst Gene Kelly.
Für jetzt und alle Zeit.
Danke Guillermo! Aus tiefstem Herzen!
...und für das breite Publikum bleibt die disneysche Version von der "Schönen und dem Biest" wohl die verdaulichere. Daran werden auch einige Oscarstatuetten die ihm mit Sicherheit zugestanden werden (ich würde - weil es meine Lieblingszahl ist - ihm ohne wenn und aber alle 13 für die er zu diesem Zeitpunkt nominiert ist rüberreichen wollen. Aber das würde wohl bedeuten, dass die Academy reif ist für eine Haltung pro grimmigem Märchen. Und irgendwann muss ich mir auch mal vorbeten, die Kirche gefälligtst im Dorf zu lassen.

) kaum etwas ändern.....